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René Onimischewski

René Onimischewski, Jahrgang 1977, geboren in Bad Hersfeld. Kam mit einem Jahr nach Nordhessen, Gesamtschule Lohfelden, Paul-Julius-von Reuter-Schule Kassel. Seit 1989 ehrenamtlich beim DRK. Mit 17 Jahren und mit Sondergenehmigung Ausbildung zum Rettungssanitäter, die man damals noch selbst bezahlen musste. Heute ist René Onimischewski hauptberuflich Notfallsanitäter. Hobbys: Er ist Tauchlehrer, läuft Halbmarathons und Trails. Der 41-jährige ist verheiratet. Der Familienname stammt aus dem Rumänischen, woher genau – „das hat mein Opa nie erzählt.“

Wenn man Tauchlehrer ist – was bedeutet dann Angst für Sie?

O.: Zwischen Notfallsanitäter und Tauchlehrer gibt es ja viele Parallelen. Man hat eine hohe Verantwortung für Menschen. Wenn man sich, hier wie da, an die Regeln hält, hat man keine Angst.

Also gar keine Angst?

Doch. Die hatte ich vor ein paar Jahren, als ich dreimal reanimiert werden musste. Ich habe einen Herzfehler, wusste das aber nicht und habe damals auch noch geraucht. Wir hatten eine Dienstbesprechung in der Rettungswache, ich bin raus zum Rauchen und habe dann zu Stephan Moritz, dem Leiter des Rettungsdienstes gesagt: „Mir geht’s ganz schlecht.“ Und bin dann im Klinikum erst wieder so richtig zu Bewusstsein gekommen. 

Herzfehler und Halbmarathon – wie passt das denn zusammen?

Ich habe danach mein Leben verändert. Habe einen Herzschrittmacher, ernähre mich anders, mache viel Sport. Der Herzschrittmacher hat nicht viel Arbeit mit mir.

Mal zum Job. Sie sehen im Einsatz viele Dinge, die andere gar nicht sehen möchten. Wie geht man damit um?

Zunächst einmal gehe ich zur Arbeit wie jeder andere auch. Da gibt es keinen Unterschied. Und wenn wir zu einem Notfall gerufen werden, dann fahren wir hin, um alles zu geben, Leid oder Schmerzen zu lindern. Die Hauptaufgabe ist die Arbeit am Menschen.

Aber was passiert, wenn man dann vor Ort plötzlich jemanden versorgen muss, den man kennt?

Aus Familie oder Freundeskreis hatte ich noch keinen Patienten, zum Glück. Aber ich hatte schon zweimal Einsätze in unserer Straße. Das berührt einen schon anders, wenn man Menschen versorgen muss, mit denen man sonst mal ein Bier trinkt oder mit denen man grillt.

Aber da sind doch Einsätze dabei, die man nicht vergisst…

Klar. In Wolfhagen habe ich mal in einer Wohnung ein Kind zur Welt gebracht. Das war eine schöne aber auch herausfordernde Situation, denn sowas kommt nicht häufig vor.

Warum?

Man wird ja immer mal zu einer bevorstehenden Geburt gerufen und die Fahrt endet dann im Krankenhaus, wo die Mutter dann entbindet. Hier war es aber anders. Da hieß die Anweisung der Rettungsleitstelle: „Beeilt euch, könnte eng werden.“ So war es auch. Als wir ankamen, war die Geburt schon so weit fortgeschritten, dass wir das Köpfchen des Kindes sehen konnten. Da war es nichts mehr mit Fahrt ins Krankenhaus. Aber es endete alles glücklich – für Mutter und Kind. 

Okay, dann gibt es daneben auch die Routine. Und sicher Momente, die sich einbrennen.

Dazu zählen die Toten, mit denen man es zu tun hat. Der Mann, der in seinem Auto verbrannt ist – wir waren die ersten am Unfallort, haben noch gelöscht. Offensichtlich war der Mann aber schon beim Unfall gestorben, bevor er verbrannt ist. Haben wir aber erst hinterher erfahren. Dann hat er wenigstens die Qual des Feuers nicht mehr gespürt. Oder der Mann, der schon Wochen tot in seiner Wohnung gelegen hatte. Das sind gar nicht nur die Bilder, sondern vor allem die Gerüche, die sich einprägen. Aber es gehört eben zur Realität in unserem Job.

Wie geht man damit um, um den eigenen Alltag zu leben?

Das DRK bietet professionelle Beratung bei belastenden Ereignissen an. Außerdem ist für mich ein stabiles soziales Umfeld sehr wichtig. Das habe ich zum Glück und kann jederzeit mit Menschen, die mir wichtig sind über Belastendes reden. 

Sie haben beruflich nie etwas anderes als Rettungsdienst gemacht? Warum?

Das ist aus meiner Sicht der tollste Beruf, den es gibt. Und wenn man noch, wie hier beim DRK, in einem Haus arbeitet, dass einem die Chance gibt, sich weiterzuentwickeln, wo man gefördert wird, dann passt alles. Warum sollte man das ändern?

Wie würden Sie sich denn selbst als Mitarbeiter, Vorgesetzten und als Mensch charakterisieren?

Hm. Ich würde sagen: Ich bin echt in mir selber.


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