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Sally Gharbi

Sally Gharbi, Jahrgang 1964, geboren in Topeca (Kansas, USA), kam 1972 nach Kassel, Schule, Ausbildung zur Bürokauffrau, später Arbeit in der Pflege, seit 2016 beim DRK, Hausnotruf und Service-Zentrale. Verheiratet, zwei Kinder.

Wie oft klingelt bei Ihnen eigentlich das Telefon?

Sehr oft, bestimmt 100-mal pro Schicht.

Hat man da nach der Arbeit noch Lust auf private Telefonate?

Ich merke, dass ich privat nicht mehr so gern telefoniere, das habe ich früher öfter gemacht.

Welche Erlebnisse hat man denn, wenn das Telefon klingelt?

Manchmal geht das mit meinem Nachnamen los. Da denken viele, ich melde mich mit meinem Vornamen und beschweren sich dann gleich. Manchmal muss man auch laut werden, weil die Menschen einen am Telefon nicht verstehen, eben vor allem die älteren Leute. Viele denken auch, dass sie bei uns beim Rotkreuz-Krankenhaus gelandet sind. Bei den Anrufen ist immer alles dabei.

Gibt es die unschönen Anrufe?

Eigentlich vor allem beim Hausnotruf. Da wird man auch schon mal beschimpft, da hilft nur, gelassen zu bleiben, Geduld zu haben und die Menschen zu beruhigen.

Lernt man in diesem Job etwas – vor allem über die Menschen?

Ich habe ja schon vorher in Telefonzentralen gearbeitet, da ist mir vieles bekannt. Aber über das Leistungsspektrum des DRK – da lerne ich ständig hinzu.

Stellt man sich manchmal bei einem besonderen Anrufer vor, welches Gesicht sich hinter der Stimme verbirgt?

Das passiert eigentlich selten. Was eher mal vorkommt, dass man die Stimme falsch zuordnet. Gestern habe ich jemanden als Herrn angesprochen – aber die tiefe Stimme gehörte einer Frau. Peinlich.

Bei so viel Erfahrung in Telefonzentralen – können Sie anhand der Stimmen Typen einordnen?

Ja, vor allem beim Hausnotruf. Das kriegt man schon mit, was deren Anliegen ist. Manche wollen einfach nur mal reden – wenn dann nicht viel los ist, dann kann man sich auch mal darauf einlassen. Es gibt so viele einsame Menschen.

Man kann also Stimmen interpretieren?

Ja, was man deutlich hört: Wenn jemand Angst hat. Das merkt man an der Stimme. Und so etwas geht mir nahe. Ich fühle mit den Menschen – deshalb könnte ich beispielsweise niemals Rettungsdienst fahren.

Haben Sie dramatische Momente bei Ihren Telefonaten erlebt?

Heftig war mal ein Ehestreit, den ich mitbekommen habe. Da hat er dann irgendwann geschrien: „Ich bringe Dich um!“ Ich habe dann die Tochter alarmiert –  umgebracht wurde dann tatsächlich niemand.

Eigentlich klingt das nach einem spannenden Beruf – man weiß ja nie, was gleich am Telefon passiert?

Spannend? Ist irgendwie das falsche Wort. Aber abwechslungsreich, das ist der Job auf jeden Fall. Auch weil ich ja am Eingang sitze und ständig mit anderen Besuchern zu tun habe. Ob Paketdienst oder eine gefallene ältere Dame auf der Straße – DRK steht für Hilfe. Egal was – man kommt zu uns. Und ich versuche, zu helfen.


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